Besonderheiten der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie

 

Grundsätzlich behandeln Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen alle Kinder, Jugendlichen und junge Erwachsene bis zum vollendeten 21. Lebensjahr. Sie können mit Ihrem Kind direkt zu einem/r Therapeut:in Ihrer Wahl gehen.

Ab dem 15. Lebensjahr können Jugendliche auch ohne ihre Eltern und ohne deren Einwilligung und Wissen eine Therapie beginnen. Das Erstgespräch sowie die probatorischen Sitzungen dienen einerseits dazu, abzuklären, ob eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie die richtige Hilfe für Ihre Probleme und die Ihres Kindes ist. Andererseits haben Sie die Möglichkeit zu überprüfen, ob sich zwischen Therapeut:in und Kind eine vertrauensvolle, tragfähige therapeutische Beziehung entwickeln kann.

 

Was unterscheidet die psychotherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen von der psychotherapeutischen Arbeit mit Erwachsenen?

Kinder sind selten zu Gesprächen über eigene Ängste und Konflikte zu gewinnen. Ihre Sprache ist das Spiel! Im freien Spiel stellen sie ihre persönliche Wirklichkeit dar, so wie sie sie aktuell erfahren, fühlen und interpretieren. Damit bieten sie Therapeut:innen den Schlüssel zum Verständnis ihrer besonderen seelischen Konflikte, geben Einblick in ihre Nöte und Sorgen.

Durch die speziellen Spielangebote im Therapiezimmer können Kinder entsprechend dem Stand ihrer psychischen Entwicklung die Themen ihres Lebens ausspielen: Sie können die aktuellen oder auch zurückliegenden Erlebnisse, die sie belasten und in ihrer Weiterentwicklung einschränken, ausdrücken und bearbeiten. Auch unbewusste oder vorbewusste Themen werden durch das freie Spielen für die psychotherapeutische Arbeit zugänglich. Gleichzeitig entfalten Kinder im therapeutischen Spiel heilende Kräfte, indem sie auf aktive und kreative Weise ihre Lebensrealität nicht nur darstellen und mitteilen, sondern auch verändern und Bewältigungsstrategien entwickeln. Mit dem/r Therapeut:in können sie neue Beziehungserfahrungen sammeln, neue Verhaltensformen ausprobieren und einüben und so Lösungen für ihre Konflikte und Probleme entwickeln.

Jugendliche und junge Erwachsene haben andere Bedürfnisse und Ansprüche an eine therapeutische Begleitung. Hier nehmen Gesprächsanteile im Therapiegeschehen stark zu. Das freie Spiel als zentrales Medium verliert mit zunehmendem Alter der jungen Patient:innen an Bedeutung. Die unmittelbare Beziehung zwischen Jugendlichen und Therapeut:in wird noch elementarer für das therapeutische Prozessgeschehen. Doch auch hier hat die Handlungsebene und das gemeinsame konkrete Tun – z.B. in Form von Malen, Gestalten, Bewegen, Theaterspielen –einen sehr hohen Stellenwert. Die jungen Menschen können natürlich selbst entscheiden, ob und in welchem Rahmen sie ihre Eltern am Therapiegeschehen beteiligen wollen. Wichtig ist, dass die vorrangige Handlungsgrundlage für Therapeut:innen immer die Motivation und das Veränderungsbedürfnis der Jugendlichen ist, und das muss nicht unbedingt immer den Bedürfnissen der Eltern entsprechen.

Eltern werden immer in die psychotherapeutische Behandlung von Kindern miteinbezogen, manchmal auch die Geschwister. Dies geschieht meist in Form von regelmäßigen Eltern- oder Familiengesprächen. Es ist aber auch möglich, dass Mütter und Väter direkt in die Therapiestunden eingebunden werden. Das Verhalten eines Kindes, seine psychischen und sozialen Probleme stehen immer in enger Wechselwirkung zu den Beziehungen und Geschehnissen innerhalb der Familie. Ändert ein Kind durch die psychotherapeutische Behandlung sein Verhalten, wird dies Auswirkungen auf die gewohnten Beziehungs- und Verhaltensmuster in der Familie und im sozialen Umfeld haben. Deshalb ist es notwendig, nach Absprache die Familie und eventuell auch andere Bezugspersonen aus dem Umfeld des Kindes von Anfang an in die Therapieplanung und -gestaltung einzubeziehen. Die Intensität der Einbindung der Bezugspersonen hängt einerseits vom Schweregrad der Störung ab, andererseits vom Alter der Kinder und Jugendlichen.

 

Anmerkungen zu den Methoden in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie

Auch in der Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen gibt es unterschiedliche Therapiemethoden. Sie sind häufig in Anlehnung an die Therapiekonzepte für Erwachsene entstanden. Die Besonderheit in der Anwendung bei jungen Menschen liegt wie oben beschrieben im Stellenwert des aktiven, freien und kreativen Spiels im therapeutischen Prozess. In der Regel werden von den Therapieschulen eigene Ausbildungsgänge für die psychotherapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen angeboten, um dieser Besonderheit Rechnung zu tragen.